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Jarama

Hallo Racers,
hier mein ganz persönlicher Rennbericht oder die Frage, wieviele Reifensätze 'soft' haben wir noch und wer bekommt sie....

Donnerstag: Schon aus dem Flugzeug habe ich die Strecke im Anflug auf Madrid gesehen - eine einzige, grosse Kartbahn. Doch jetzt bei der Besichtigung bin ich überrascht: Es geht bergauf/ bergab mit einigen schnellen, blinden Ecken. Vor allem gibt es keine nennenswerten Auslaufzonen und der Zustand der Strecke ist, nun ja, bemitleidenswert.

Wir haben ein neues Teammitglied, Profidriver Norbert Siedler, 24 J., Int.-F3000 Meister '05, Ex-Minardi-F1 Testfahrer und dieses Jahr Champcar- Formel-Atlantic Fahrer. Er kommt mit seinem Manager 'Edi', beide Österreicher und super nett, die Chemie mit dem Team/ Fahrern stimmt sofort. Bald sollen die Beiden den Spitznamen 'die Schluchtis' bekommen, doch dazu später mehr. Norbert ist nicht nur schnell, sondern auch ein netter Kerl. Er ist in Jarama F3000 gefahren, kennt die Strecke also bestens und ist auch gerne bereit uns mit Tipps weiter zu helfen. Jedenfalls kommt mein 1er-BMW-Leihwagen noch zu einigen schnellen Runden.

Freitag: 1. fr. Tr.: Ich muss als Erster raus. Nach einer Funktionsrunde stehe ich planmässig zum Check vor der Box. Unmittelbar vor mir parkt der Binnie-Lola zum Check, der plötzlich in Flammen aufgeht und abzufackeln droht.

Kai Kruse wird ein wenig hektisch und schickt mich sofort wieder raus. Die Strecke ist unglaublich wellig und noch komplett grün, trotzdem gelingt mir spontan eine 1:29,1. Das ist P5 in der Klasse, P10 Gesamt, nur 2/10 hinter dem ASM-Lola und nur 3/10 hinter Joa Barbosa im Radical. Norbert fährt wie ich die 'soft'-tyres, ist jedoch am Ende 2/10 langsamer:-) 2. fr.
Tr.: Kruse verkündet uns,dass Kumho zu wenige soft-tyres dabei hat und wir deshalb im Hinblick auf das Rennen sparen müssen. Nur Norbert bekommt noch einen Satz für das 2.fr.Training. Er fährt jetzt 1:27,5, P4/P10. Ich komme nach Jan dran, doch mit den medium-tyres geht nicht viel, ich kann meine Zeit nicht verbessern und bin sauer.

Samstag: 3. fr. Tr.: Jetzt fahren alle auf dem medium-tyre. Sean unser neuer Renningenieur, ansonsten in der GP2 bei dem Top-Team Durango beschäftigt, ist super professionell, aber ihm fehlt noch die Erfahrung mit dem Courage. Seine Änderungen an der HA (Traktion) führen zu verstärktem Untersteuern. Norbert fährt 1:28,7, ich komme erneut auf 1:29,1. Immerhin eine Verbesserung mit der medium-Mischung und 4/10 zu Norbert sind auch ok.
Trotzdem: In Donington habe ich mich von Training zu Training steigern können, hier stehe ich an. Ich bin unzufrieden und bei Kruse merkt man das auch. Wir müssen am set-up zurückbauen. Quali: Norbert fährt eine klasse Runde, 1:25,5. P3 in der Klasse und P8 Gesamt. Leider wissen wir inzwischen, das der Kumho für eine schnelle Runde sehr gut funktioniert, aber danach deutlich abbaut. Trotzdem möchte Kruse mich erneut als Startfahrer festsetzen. Ich bin nicht happy darüber. Selbst Norbert ist ehrlich genug zuzugeben, dass auch er mit den abbauenden Reifen die beiden Lola's (davon ein LMP1) und den Rollcentre-Radical am Start nicht wird hinter sich halten können. Wir sind uns einig, dass es am Beginn eines 6H-Rennens nicht viel Sinn macht mit nachlassenden Reifen Kampflinie zu fahren, da dies letztlich das Risiko einer Kollision erhöht. Nach einigem Hin und Her willige ich ein. Damit lastet der Druck wieder auf mir.

Sonntag: Warm-up: Kruse hat über Nacht aus den dunklen Ecken des Kumho-Trucks noch einen alten, gebrauchten Satz soft aus Donington gefunden. Den darf ich jetzt verheizen. DANKE! Um einen Eindruck auf den Start ins Rennen zu bekommen, entscheidet Sean die Kiste randvoll zu tanken. 90kg Spritlast sollen Auskunft über das Renn-Set-Up geben. Am Ende stehen 1:27,7 auf der Uhr, obwohl ich nicht eine freie Runde hatte. Endlich geht was vorwärts.

Start: Reihe vier ist schon ein geiles Gefühl. 60 Fimat-Gäste genießen auf dem Boxendach einen super Rundblick auf die Strecke. Erstaunlicherweise bin ich relativ gelassen. Einführungsrunde: Bloß die Karbon-Bremse und die Reifen richtg aufheizen! Grün: Am Ende der sehr langen Geraden wartet eine 180 Grad rechts auf uns. Der Pulk fliegt mit 280 km/h auf die Ecke zu. Alles bremst sich innen rein. Ich bleibe außen, kann später bremsen, komme außen gut durch die Kurve und früh an's Gas. De Castro im ASM-Lola ist innen durch, aber dafür gehe ich längsseits mit Stuart Mosley im Werks-Radical (P2 Quali). Habe etwas mehr Schwung, halte in der nächsten Rechts außen dagegen und bin beim Anbremsen der nächsten engen Links auf der besseren Linie und vorne. Unsere Gäste haben Spaß und ich auch!

Nach der ersten Runde lautet die Reihenfolge: Collard, Gounon, Nakano, Minassian alle LMP1, Erdos LMP2, Fässler LMP1, De Castro, Petersen, Mosley alle LMP2, Berridge LMP1, Barbosa, Ragues, Rostan, Barrazi alle LMP2, Palltala, Ortelli, Lamy alle GT1. JP also auf P3 Klasse und P8 Gesamt. In Runde 2, am Ende der langen Gerade, ein erster Angriff von Mosley, er ist aber noch nicht dicht genug dran, ich ziehe rein. Aus dem Motodrom heraus setzt er sich nach Turn 4 (enge Haarnadel, unser 1. Gang ist zu kurz, müssen den zweiten nehmem) neben mich. Im vierten Gang fliegen wir auf die schnelle Links bergauf zu. Da passt nur ein Auto rein und das ist meins :-). Hinter uns dreht sich Barbosa.

In Runde 3 fangen wie erwartet die Reifen an abzubauen, Untersteuern auf der VA. In der engen Rechts vor der langen Start-Ziel-Gerade kann ich das Auto nicht richtig einlenken. Daher fehlt mir Drehzahl auf der Geraden. In der Anbremszone Turn 1 muss ich Mosley durchlassen. Beim Rausbeschleunigen auf Start/Ziel geht in Runde 4 auch Berridge im LMP1-Lola vorbei. Ich versuche die Pace halbwegs mitzugehen, was einigermaßen gelingt. Zumindest kann ich beim Überrunden der GT2's immer wieder etwas gutmachen. In Runde 26 fliegt Mosley im Radical in den Kies. Am Ende meines Stints liege ich auf P4/P10. Jan übernimmt. Alle bekommen jeweils neue soft-tyres. Kurz darauf steht er wieder vor der Box. Barrazi hat ihn angeschoben, laut TV-Bild wirklich nicht Jan's Schuld! Das Heck muss geklebt werden. Viel Zeit geht dahin. Absturz auf P30. Jan geht wieder raus und sorgt weiter für Aufregung. Das Paddle-Shift legt in einer Anbremszone eine Verschaufpause ein (unser Auto mag halt keine Berührungen) und Jan ist so irritiert, dass er einen Spyker auf die Hörner nimmt. Beide drehen sich raus in den Kies. Jan: ' Wir standen dort parallel Seite an Seite im Kiesbett und konnten uns in die Augen schauen. Man war der sauer. Und als dann der Streckenposten zuerst unser Auto angeschoben hat, da ist der echt Amok gelaufen....'. Ok, ich habe Jan geraten doch bitte '07 sein Helm-Design zu ändern :-). Als dritter fährt Norbert.

Schluchti lässt es brennen, produziert allerdings auch einen Dreher und kommt in seiner schnellsten Runde nicht an meine Zeit heran. Also manchmal finde ich, die jungen Leute werden ein wenig überbewertet. Hat mal einer die Nummer von Minardi? :-).In meinem zweiten Stint fällt das Paddle-Shift aus. Muss jetzt mit dem manuellen Schaltknüppel schalten, was auf der welligen Stecke mächtig anstrengend ist, 25 Gangwechsel pro Runde. Habe Blasen in der Hand, weil beim Runterschalten die Gänge drei und zwei nur mit brutaler Gewalt reingehen. Als es noch anfängt zu tröpfeln, wird's richtig nett. Immerhin kann ich zum ersten Mal einen Lola überholen, auch Marc Rostan im Pilbeam muss dran glauben. Beppe Gabbiani im Creation LMP1 fährt rundenlang hinterher und kommt nicht vorbei. Gut so.

45 Runden sind harte Arbeit, aber Sean unser Renningenieur lässt sich zu einem schönen Kompliment hinreißen:'Very impressive job today old boy'! Norbert fährt den letzten Turn. Er bekommt auch noch Marc Rostan, damit sind wir Dritter. Als kurz vor Schluß auch noch Erdos im Lola ausrollt, sind wir sogar Zweiter. Der Jubel ist riesengroß, schließlich hatten wir schon oft Pech. Vor allem Kai Kruse und seine Mechaniker haben es verdient. Klasse als wir dann auf dem Podest stehen und uns anschließend mit dem Champus die Kante geben. Stinkt zwar fürchterlich, wollen wir aber wiederholen. Die anwesenden Fimat's und Fahrzeugbesitzer Ian Mitchell sind auch sichtlich zufrieden. Auf der anschließenden Pressekonferenz kennt man zwar JP und JD noch nicht, trotzdem geben wir brav Auskunft. Gott sei Dank fragt uns keiner in welcher Nachwuchsklasse wir denn groß geworden sind :-).

Abends um 21:00 Uhr hat die Le Mans Series zur Abschlußfeier nach Madrid geladen. Neben Tapas gibt es hauptsächlich Flüssiges. Die Schluchtis kommen eine Stunde zu spät, sind halt mit der Orientierung in Madrid etwas überfordert. Na ja, jedenfalls vertraut uns Edi an, dass Norbert sehr viel trainiert, gerne viel schläft und nichts trinkt. Ach so! Nun gut, letztlich braucht es nur zwei Wodka-Red Bull damit sich Schluchti-Norbert wie im siebten Himmel fühlt um im Anschluß bis morgens 4:30 Uhr diverse Frau unterschiedlichen Alters ergebnislos anzusprechen. Ok, man kann halt nicht alles. Ex-Skilehrer Edi braucht diverse Drinks mehr, unterhält die Runde jedenfalls prächtig und hat spätestens bei dem Versuch eine 100kg Dame zu stemmen die Lacher auf seiner Seite.

Fazit: Jarama war eine Reise wert!

Viele Grüsse & keep on racing

Jens